Giftige Kurven und viel Applaus
Gelungener Motorbootslalom auf dem Main-Donau-Kanal bei hochsommerlichen Temperaturen. Von Doreen Gareis
Lange Zeit kam das gesellige Beisammensein zu kurz, denn Veranstaltungen wurden gestrichen oder reglementiert. Doch heuer, im Juni 2022, begegneten sich etwa 70 Mitglieder verschiedener Vereine, um einen traditionellen Wettkampf auszufechten: den Motorbootslalom. Der 1. Motoryachtclub Nürnberg, der 1. Wassersportclub Fürth und die Yachtsportgemeinschaft Franken aus Winkelhaid lieferten sich mit 21 Fahrern ein Kopf-an-Kopf-Rennen, bei dem es um Sekunden ging.
Vor Wettkampfbeginn fuhr das rote, schnittige Motorboot der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) mit ebenso rotgekleideten, schnittigen Männern den Main-Donau-Kanal hinauf. Acht Bojen wurden zu Wasser gelassen. Direkt vor dem Vereinsgelände des 1. MYCN entstand auf dem Wasser ein eng gesteckter Zick-Zack-Kurs, denn schließlich sollte bei den Slalomfahrern keine Langeweile aufkommen. Apropos: Dass die Veranstaltung kein bisschen langweilig war, bewiesen die Gastlieger Belinda und Martin, die begeistert ihre australische Heimatsflagge schwenkten und bis zur letzten Minute (und noch länger) blieben.
Bojenrichter Erich Schweigert hebt die grüne Flagge und das Rennen beginnt. Der erste Fahrer gibt Gas, durchbricht die Startlinie und legt sich mit Motorboot Jeanie geschmeidig in die Kurven. Die Außenboje umfährt er versehentlich falsch herum. Erich sieht es, hebt die rote Flagge. (P.S.: In der rechten Hand die grüne, in der linken Hand die rote Flagge – so hat Erich keine freie Hand für eine Bratwurstsemmel. Seine erste isst er mit Heißhunger gegen 19 Uhr.)
Zurück zum Beginn: Eine Veranstaltung auf dem Main-Donau-Kanal bedarf umfangreicher Organisation. Die Durchfahrt der Frachtschiffe darf nicht behindert werden. „Es geht dabei hauptsächlich um Kommunikation“, sagt DLRG-Einsatzleiter Rolf Niebelschütz: „Die Schleusenmeister informieren uns über Funk, wenn sich ein Frachter nähert, dann unterbrechen wir das Rennen. Zudem sichern Ordnerboote die Slalomstrecke in beide Richtungen.“
„Boah, die Kurven sind echt giftig“, kommentiert ein Fahrer nach dem ersten Durchgang und wischt sich über die verschwitzte Stirn. Sicherheit geht vor, man drosselt rechtzeitig das Gas, um die Bojen zu umkreisen. Mit übertriebenem Ehrgeiz könnte so ein Motorboot plötzlich zum Amphibienfahrzeug werden, das mit Vollgas das Ufer durchbricht und an Land weiterfährt. Übertreiben tut niemand. Dennoch starten die geübteren Fahrer den zweiten Durchlauf wesentlich rasanter, hoch hebt sich der Bug ihres Motorbootes aus dem Wasser. Vereinsvorsitzende Elke Schumann greift zum Mikrophon: „Go, go, go!“ Die Rennen in verschiedenen Kategorien gewinnen jene Fahrer, die den Schwung bestens nutzen, um zügig und knapp um die Bojen zu bügeln.
„Wenn die Energiepreise weiter so steigen, werden wir nächstes Jahr paddeln müssen“, wirft ein Zuschauer in die Runde. Das hätte zum Gesprächsthema werden können: die Energiewende, der Ukrainekrieg, die Preissteigerungen, oder ob im Herbst wieder Corona …
Doch schon braust der nächste Slalomfahrer über die Ziellinie, die Zuschauer klatschten heftig Applaus und vertreiben im Aischweg 40 die Dämonen unserer Zeit.